Archivale des Monats - Juli 2025

Vergleich von Varianten verschiedener Disketten
Bildrechte LAELKB, Foto: Marcel Luitjens

Computerarchäologie im Archiv: Eine Floppy Disk des Vereins “Pfarrer & PC"

01.07.2025, Recherche und Text: Dr. Alexandra Lutz

Das Landeskirchliche Archiv ist nicht nur für die Überlieferung der analogen Unterlagen wie Akten zuständig, sondern auch für die sogenannten „born digitals". Erste digitale Verfahren kamen bereits in den 1970er Jahren auf. Daher müssen Archivarinnen und Archivare oftmals auch ein wenig „Computerarchäologie“ betreiben. 

Zu den frühesten digitalen „Funden“ zählt eine sogenannte "Floppy Disk" aus dem Bestand "Verein Pfarrer und PC e.V.".

Bereits vor mehr als 50 Jahren kamen die ersten Disketten, also magnetische Datenträger, auf den Markt. Die Daten werden dabei auf einer Kunststoffscheibe, die mit einem magnetisierbaren Material beschichtet ist, gespeichert. Diese wurden anfangs nur von einer Papphülle geschützt und waren sehr biegsam. Dadurch entstand die englische Bezeichnung "Floppy Disk". Zunächst hatten diese einen Durchmesser von etwa 8 Zoll (= 20 cm), üblicher wurden später 5,25 Zoll (= 13 cm). Sie besaßen eine Speicherkapazität ab 180.000 Zeichen (= 180 Kilobyte (KB)). Floppy Disks wurden in den meisten Rechnern der späten 1970er und 1980er Jahre genutzt. Ab ca. 1988 lösten die 3,5-Zoll- (= 9 cm Durchmesser) Disketten die größeren Floppy Disks ab, da sie sehr viel stabiler waren und ein Kunststoffgehäuse aufwiesen.

Veranschaulichung der Elastizität einer Floppy Disk.

Die vorliegende Floppy Disk stammt aus dem Bestand "Verein Pfarrer und PC e.V.". Der Verein übergab den Bestand 2023 dem Archiv. Er zeigt, mit welchem Engagement sich die Pfarrer seit den 1980er Jahren für die Einführung neuer EDV-Methoden einsetzten. Damals gab es noch kein Internet und keine preiswerte Datenübertragung über das Telefonnetz. Der Informationsaustausch fand durch das Versenden der Disketten per Brief statt. Doch die Erwartungen der Pfarrer an den EDV-Einsatz waren groß. Der Vorsitzende des Vereins, Pfarrer Detlef Rose, äußerte 1989 in einem Interview den Wunsch, dass man durch die Computerisierung „mehr Zeit für die persönliche Seelsorge und die Zuwendung zu unmittelbaren Mitmenschen erübrigen wolle“. Ein Wunsch, der sicherlich auch heute noch von den Pfarrerinnen und Pfarrern formuliert werden könnte!

Um die Floppy Disks lesbar zu machen, benötigte das Archiv einen PC mit einem Laufwerk für 5,25-Zoll-Disketten und einem alten Betriebssystem. Die Sichtung konnte schließlich mit Hilfe eines ehrenamtlichen Mitarbeiters und „Tüftlers“ erfolgen. Doch was enthielten diese gut 30 Jahre alten Disketten? Waren Sie noch lesbar?

Pfarrer Detlef Rose am PC-Arbeitsplatz, ca. 1988
Bildrechte LAELKB 7.2.0003 - unverzeichnet, Urheber: unbekannt
Pfarrer Detlef Rose am PC-Arbeitsplatz, ca. 1988

Die erste Floppy Disk enthielt zunächst ein Schachprogramm aus dem Jahr 1988. Interessanter war hingegen eine Mitgliederliste des Vereins von 1991. Diese kann jedoch nicht einfach als Textdatei geöffnet und gelesen werden, da sie in einer Anwendung integriert ist. Sie muss für die Lesbarkeit in einen Editor gezogen werden. Hierfür arbeitet man teilweise auf der DOS (Disc Operation System)-Ebene. Die Abgabe an das Archiv enthielt insgesamt 83 solcher Floppy Disks, auf denen einfache Datenbanken und Programme für Pfarrer und diverse Texte gespeichert waren. Auf einer Floppy Disk fand sich zudem ein Foto des Vorsitzenden des Vereins, Pfarrer Detlef Rose (siehe Foto). Es zeigt eindrucksvoll, wie die PC-Arbeit und Ausstattung vor gut 30 Jahren aussah.

Wichtig ist für das LAELKB, dass die Dateien gut gesichert werden. Denn grundsätzlich weisen die Disketten eine begrenzte Haltbarkeit auf. Die verwendeten Kunststoffe verändern sich z.B. durch Oxidation mit Luftsauerstoff oder durch UV-Licht, so dass die Daten nur etwa 10 - 30 Jahre lesbar sind. Insofern hatten wir mit der Lesbarkeit der Floppys großes Glück! Die Daten sollten daher stets auf einen Server überspielt und anschließend in Hinblick auf ihre Archivwürdigkeit gesichtet („bewertet“) werden. Die Dateien, die dauerhaft aufbewahrt werden sollen, müssen anschließend in langzeitarchivfähige Formate migriert, in „Archivpakete“ gepackt und im digitalen Magazin gesichert werden.

Die Aufbereitung von Floppy Disks zeigt exemplarisch den Aufwand, der mit der digitalen Langzeitarchivierung verbunden sein kann. Diese und weitere Maßnahmen werden das LAELKB in Zukunft verstärkt beschäftigen.


Artikelbild: Auswahl verschiedener 5,25- und 3,5-Zoll-Disketten aus dem LAELKB

Videorechte: LAELKB, Video: Celine Brantl, Marcel Luitjens