Archivale des Monats - November 2025

Ansichts- und Grundrissplan einer Kirche des protestantischen Kirchenbauvereins Altstadt-Bayreuth
Bildrechte LAELKB, Urheber: Eubell

Nomen est omen? Der Protestantische Kirchenbauverein Altstadt-Bayreuth und seine (nicht) gebaute Kirche

01.11.2025, Recherche und Text: Julian Krenz M.A.

Baugeschichten von Kirchen sind mitunter verworren: jahrhundertelange Baustellen, Überformungen, Zerstörungen, Renovierungen, Baustopps, oder in seltenen Fällen der Umzug des ganzen Gebäudes lange nach Fertigstellung, wie das prominente Beispiel der Bergbaustadt Kiruna in Schweden zeigt.

Dass entsprechende Projekte bisweilen aber auch in den Kinderschuhen stecken bleiben, ist eine Erfahrung, mit der auch der „Protestantische Kirchenbauverein Bayreuth-Altstadt“ konfrontiert worden war – bevor er nach über 65 Jahren seines Bestehens zuletzt das namensgebende Ziel erreichen konnte.

Da der protestantische Glauben am Ende des 19. Jahrhunderts großen Zulauf in Bayreuth fand, forderten die Bewohner des Stadtteils Altstadt (nicht zu verwechseln mit der historischen Innenstadt!) die Einrichtung einer neuen Gemeinde mit eigener Kirche. Auf Initiative des Kaufmanns Heinrich Geißer gründete sich 1898 in den „Nebenlokalitäten des Herrn Brauereibesitzers Richard Glenck“ (Pfarrbeschreibung von 1922) zu diesem Zweck der „Protestantische Kirchenbauverein Bayreuth-Altstadt“, in dessen Gründungssatzung die Zielsetzung des Kirchenbaus erörtert wurde.

Im Jahr 1900 verzeichnete der Verein bereits 300 Mitglieder und konnte bald erste Erfolge feiern: Zunächst wurde eine Hilfspfarrstelle eingerichtet und der Altstädter Gemeinde übergangsweise die Gottesackerkirche zur Verfügung gestellt. Bei den hier vorliegenden Plänen handelt es sich um die ersten konkreten Entwürfe zum Bau einer Kirche und eines Pfarrhauses, die von dem Kasseler Architekten Julius Eubell (1847-1915) angefertigt wurden. Die Kirche sollte über ein immerhin 33 m langes Mittelschiff sowie einen mehr als 50 Meter hohen Turm verfügen. Insgesamt war sie für etwa 500 Gläubige geplant.

Bildrechte LAELKB, unverzeichnet (Altsignatur APA 49.9)

Ansichts- und Grundrissplan für ein Pfarrhaus des protestantischen Kirchenbauvereins Altstadt-Bayreuth
Bildrechte LAELKB, Urheber: Eubell

Für die Finanzierung der Bauten findet sich in einem Akt des Dekanats Bayreuth ein Gesuch an das Königliche protestantische Konsistorium zur Durchführung einer Kirchenkollekte. Aber die wohl nachhaltigste Errungenschaft der frühen Vereinsarbeit bestand im Erwerb von Grundstücken für beide Bauvorhaben. Der Bau des Pfarrhauses konnte 1914 erfolgreich abgeschlossen werden. Bis heute hat sich dieses Gebäude in der von Eubell vorgedachten Form erhalten. Die Voraussetzungen für den Bau der Kirche sollten sich allerdings als ungünstig erweisen.

Denn die politische Großwetterlage verdunkelte sich in den folgenden Jahren, sodass die Bestrebungen weitgehend versandeten. Während des Ersten und Zweiten Weltkrieges verhallten die Gesuche des Vereins den Zustand der ungenügenden Gottesackerkirche zu ändern weitgehend. Auch die Geldschulden aus dem Bau des Gemeindehauses ließen sich nicht ignorieren, sodass an eine Umsetzung der Vereinspläne nicht mehr zu denken war. Den protestantischen Gemeinden der Stadt konnte es in dieser Zeit nur darum gehen, „zu retten, was zu retten war und zu erhalten, was zu erhalten war“ (Quelle: Kirchengeschichte der Stadt Bayreuth, S. 90). Auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges galt es zunächst, die beschädigte Gottesackerkirche wiederaufzubauen.

Erlöserkirche im Stadtteil Altstadt in Bayreuth
Bildrechte Wikimedia, Urheber: Roehrensee
Erlöserkirche im Stadtteil Altstadt in Bayreuth

In den folgenden Jahrzehnten wollte man den Verein regelrecht wiederbeleben: In einem Handzettel mit „Gedanken über den Kirchenbau Altstadt“, wohl aus der Feder des [Hans Mensel], ist die Rede von der notwendigen „Aktivierung des Kirchenbauvereins“, der zuletzt „ein Leben im Verborgenen geführt“ habe. Für die Finanzierung des Kirchenbaus mussten mehrere Maßnahmen ergriffen werden:  Die Durchführung mehrerer Spendensammlungen in Konkurrenz zu anderen Kirchenbauprojekten sowie die Erhöhung des monatlichen Mitgliedsbeitrags im Kirchenbauverein von 20 auf 50 Pfennige.

In der Folgezeit nahm das Vorhaben endlich konkrete Gestalt an. Wolfgang Gsaenger aus Georgensgmünd entwarf die Erlöserkirche in ihrer heutigen Form. Die feierliche Grundsteinlegung am 12. September 1964 bildete den Auftakt für die Errichtung des unverputzten Ziegelbaus, dem ein griechisches Kreuz mit kurzen Armen als Grundriss dient. Rund zwei Jahre später, am 18. September 1966, konnte die Einweihung der Kirche feierlich begangen werden. Die „Gemeinde von mehr als 5000 Seelen ohne eigene Kirche“, wie es in einem Aufruf zu einem Sonderopfer zur „Vollendung unserer Erlöserkirche“ vom April 1965 heißt, verfügte endlich über ein Gotteshaus. Die Arbeit des protestantischen Kirchenbauvereins Altstadt-Bayreuth war damit getan: Am 05. Juli 1972 erfolgte daher seine Auflösung, aber die Altstädter Gemeinde kommt bis heute in der Erlöserkirche zusammen.

Das Landeskirchliche Archiv verwahrt die Unterlagen verschiedenster Kirchenbauvereine sowie eine umfassende Sammlung an Karten und Plänen. Diese können auf Anfrage im Lesesaal eingesehen werden.


Bildnachweise:

Bild der Erlöserkirche: wikimedia commons, Urheber: Roehrensee, CC BY-SA 4.0; Digitalisat hier abrufbar (zuletzt aufgerufen am: 24.10.2025).

Ansichts- und Grundrissplan der geplanten Kirche des protestantischen Kirchenbauvereins Altstadt-Bayreuth: LAELKB PS 9.5.0003 - 21919 und 21921.

Ansichts- und Grundrissplan des Pfarrhauses des protestantischen Kirchenbauvereins Altstadt-Bayreuth: LAELKB PS 9.5.0003 - 21936 und 21940.


Quellen:

Pfarrbeschreibung Bayreuth-Altstadt 1922 – LAELKB, PfB 9.7.0004 - 322.

Pfarrbeschreibung Bayreuth-Altstadt 1963-1977 – LAELKB, KD Bayreuth 2.2.0003 - 836.

Akt „Erbauung einer neuen Kirche in Bayreuth-Altstadt“ – LAELKB, BD Bayreuth 3.7.0005 – 721.

Akten des Kirchenbauvereins Bayreuth-Altstadt – LAELKB, unverzeichnet (Altsignatur APA 49.9 und APA 130).

Literatur:

Wilhelm Kneule, Kirchengeschichte der Stadt Bayreuth, Bd. II – LAELKB, Bibliothek F1/ Z 266 50,2.1973.